Vortrag und Diskussion
Zwischen Arbeitskampf und "sweetheart
deals" Aktuelles zum "Organizing" in den USA
Seit dem Arbeitskampf der GebudereinigerInnen in Los Angeles Anfang der 1990er Jahre ist
Organizing ein Thema. Viele haben den Film "Brot und Rosen" von Ken Loach gesehen, der diesen Kampf dokumentiert. Inzwischen wurde und wird Organizing, eine "aktivierende" Gewerkschaftsarbeit,
auch in der Bundesrepublik erprobt: bei den Discountern Schlecker und Lidl, im ver.di-Projekt zur Organisierung der Wach- und Sicherheitsleute in Hamburg, zuletzt in zwei groen Krankenhusern in Niedersachsen.
Neuerdings haben sich auch die IG Metall, die NGG oder die IG BAU dem Thema zugewandt. Aber ist Organizing eine Technik, die unabhngig von politischen Zielen und inhaltlichen Kontroversen in und um die
Gewerkschaften angewendet wird? Die neuesten Erfahrungen in der USA lassen zweifeln. Zurzeit eskaliert eine Auseinandersetzung innerhalb der US-Gewerkschaften. Der Konflikt dreht sich um zwei Fragen: die
innergewerkschaftliche Demokratie und die so genannten "sweetheart deals", Abkommen mit den Unternehmern, die im Gegenzug die Organisationsrechte der Gewerkschaften akzeptieren. Die Auseinandersetzung
betrifft insbesondere die Dienstleistungsgewerkschaft SEIU, die nicht zuletzt wegen der erwhnten Kampagne in L.A. fr ihr Engagement im Organizing bekannt geworden ist. Die SEIU hat im Gesundheitssektor Kaliforniens
in etlichen Betrieben 2008 und 2009 Organisationsrechte gegen Mitgliederinteressen getauscht: Sie akzeptierte das Outsourcing von Unternehmensteilen, Lohnsenkungen, einen Verzicht auf Streiks und sogar die
Verpflichtung, auf jede ffentliche Kritik des jeweiligen Gesundheitskonzerns zu verzichten. Dafr erhielt sich das Recht, die Beschftigten dieser Betriebe zu organisieren. Einige dieser Deals wurden unter Ausschluss
der lokalen Gewerkschaftsmitgliedschaft verhandelt, was den Konflikt verschrfte. 2008 kam es deshalb zum Rcktritt des Sprechers der GesundheitsarbeiterInnen, Sal Rosselli, aus dem Zentralvorstand der SEIU.
Nachdem die SEIU-Zentrale in Washington die oppositionelle Abteilung auflste, kam es zur Neugrndung der Gesundheitsgewerkschaft NUHW. Aktuell sind auch andere Verbnde betroffen. Nach dem Versuch einer
"feindlichen bernahme" durch die SEIU trat unlngst die Hotel- und Gaststttengewerkschaft UNITE-HERE aus dem gemeinsamen Dachverband "Change to Win" aus. Was sind die Hintergrnde des Konfliktes?
Fr welche Standpunkte steht die Gesundheitsgewerkschaft NUHW, die sich selbst auch als "Organizing-Gewerkschaft" sieht? Wie verhlt sich der Streit um das Organizing zu den aktuellen politischen
Entwicklungen in den USA, insbesondere zum laufenden Konflikt um die Gewerkschaftsgesetze und die Krankenversicherungen? Diese Fragen wollen wir mit Sal Rosselli diskutieren. Aber es geht uns auch um die Frage, wie
Organizing sich hierzulande zu betrieblichen und berbetrieblichen Kmpfen verhlt. Welche Erfahrungen wurden zuletzt mit diesem Verhltnis gemacht? Ist Organizing eine Garantie fr bessere Tarifvertrge und einen
systematischen Kampf um soziale Rechte? Oder kommt es in der Bundesrepublik zu hnlichen Konflikten wie in den USA?
Sal Rosselli, Sprecher der National Union of Healthcare Workers, Kalifornien
Do. 15. 10.09 | 19.30 Uhr Gewerkschaftshaus Besenbinderhof 60 | Ebene 9 | Raum A/B
VeranstalterInnen: Gruppe Blauer Montag, ver.di Fachbereich 08
Ortsverein Hamburg. Mit freundlicher Untersttzung der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
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