Migrantische Hausarbeit: Kritische Bestandsaufnahme und kollektive Handlungsfähigkeit
Wer putzt und bügelt zu Hause und kümmert sich um Kinder, Opa und die Katzen? Wenn die
Leistungsträger der Nation diese Arbeit nicht schaffen, springen migran- tische Hausarbeiterinnen ein. Von einer Wachstumsbranche der Zukunft ist die Rede. Heute gibt es ca. vier Millionen Beschäftigungsverhältnisse
in Privathaus- halten. Der Boom entsteht zu Lasten der Arbeitenden: die vielfach vorliegende Informalität produziert eine hohe Ausbeutbarkeit und Verletzlichkeit. Gegenwehr scheint unter diesen Bedingungen schwierig
– und doch haben Hausarbeiterinnen Taktiken und Strategien der Widerständigkeit entwickelt und in anderen europä- ischen Ländern gewerkschaftsähnliche Interessensvertretungen gegründet.
Diverse Forschungsarbeiten haben mittlerweile auch hierzulande die hyperprekäre Existenzweise im Bereich der migrantischen Haus- und
Versorgungsarbeit ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. Um die politischen Vernetzungen und öffentlichkeitswirk- samen Aktionen u.a. von migrantischen Selbst-Organisationen, die es vor ein paar Jahren noch zu
diesem Thema gegeben hat, ist es allerdings wieder still geworden.
Wir nehmen dies zum Anlass, erneut über Organisations- und Interventionsformen nachzudenken. Der Workshop richtet sich daher an Personen
und Gruppen, die an der Verbesserung der Situation von Hausarbeiterinnen sozial, politisch, kulturell oder wissenschaftlich arbeiten oder gearbeitet haben. Ausgehend von den verschiedenen Ansätzen der migrantischen
Selbstorganisation diskutieren wir, welche Wider- sprüche zwischen dem Kampf um Rechte und Interessen der Hausarbeiterinnen und institutionellem Handeln bestehen.
Welche Themen stehen in der Selbstorganisierung im Vordergrund? Wie verhält sich die Frage nach Interessensvertretung in der (Haus-)Arbeit
zu anderen Lebensberei- chen? Welche politischen Perspektiven und Forderungen existieren? Welche Bünd- nismöglichkeiten werden gesehen? Macht die Diskussion über Prekarisierung dafür neue Räume auf, oder werden
spezifische Bedingungen von Hausarbeit bzw. Sorge- arbeit (wieder) entnannt? Wie verhält sich die Forderung nach globalen sozialen Rechten und nach Legalisierung zur notwendigen Umverteilung gesellschaftlich
notwendiger Arbeit?
Dabei sind der Hintergrund und die Orientierung der OrganisatorInnen des Work- shops unterschiedlich. Sie kommen aus wissenschaftlichen
und aktivistischen Projekten; ihre Standpunkte sind feministisch, migrationsbezogen und/oder arbeits- politisch geprägt. Die einen hoffen auf die Diskussion über Prekarisierung und die Netzwerke, die hieraus
entstehen. Die anderen wundern sich, dass es keine rele- vante feministische Bewegung gibt, die dieser Abwertung von Sorgearbeit kritisch begegnet. Dass Sorgearbeit marginalisiert wird, ist Folge kapitalistischer
Stand- ortpolitik; doch welche Praxis folgt hieraus? Neugierig blicken wir auch auf inner- gewerkschaftliche Debatten, in denen diese ihr Interesse an jenen Arbeitenden artikulieren, die nicht zu den bisherigen
Stammklientel gehören. Der Workshop soll dazu verhelfen, über die eigenen Bewegungs- und Tellerränder zu blicken.
Der Workshop kann und soll Auftakt zu weiterer lokaler, bundes- und/oder europa- weiter Vernetzung sein. Um Anmeldung wird gebeten.
|