Vortrag und Diskussion
Neurowissenschaften, freier Wille und politische Freiheit
Prominenten Neurowissenschaftlern und Biophilosophen wird in den Massenmedien immer wieder die
Gelegenheit geboten, ihre These vom illusionären Charakter der Willensfreiheit publikumswirk-sam zu verbreiten. Unser gesamtes Verhalten, Denken und Wollen sei allein neuronal und damit letztlich und ausschließlich
durch die Naturgesetze determiniert. Mit der Leugnung der Willensfrei-heit erscheint auch politische Freiheit kaum noch denkbar und letztlich eine Illusion zu sein.
Unser Referent, Autor eines umfassenden Werkes zum Themenkomplex Sprachphilosophie,
Erkenntnistheorie und physikalisch-biologische Wirklichkeit, möchte in seinem Vortrag aufzeigen, dass die These vom illusionären Charakter der Willensfreiheit selbst eine grundlegende Illusion ist und einem
fundamentalen Kategorienfehler entstammt - der Verwechselung eines ontologischen mit einem nomologischen Physikalismus. Ersterer, also die Behauptung, dass jedes Phänomen in dieser Welt letztlich physikalische
Grundlagen hat, ist vernünftig nicht zu bestreiten. Letzterer, also die Behauptung, alle Phänomene könnten allein und vollständig durch die Naturgesetze beschrie-ben werden, ist hingegen absurd, wenn nicht
größenwahnsinnig. Sie würde, um es an einem Bei-spiel anzudeuten, nämlich implizieren, dass etwa die bundesdeutsche Straßenverkehrsordnung, die definitiv und unabweisbar das Verhalten von Millionen
"Materiehaufen", sprich: Menschen all-täglich bestimmt, allein und ausschließlich aus jenen Gesetzen abgeleitet werden kann, die in den Lehrbüchern der Physik kodifiziert sind - oder dass die
bundesdeutsche Straßenverkehrsordnung SELBST ein Naturgesetz ist.
Dr. Egbert Scheunemann (Politologe u. Philosoph, Hamburg)
)Mi. 28.11.07 | 19:30 Uhr
Werkstatt 3 | Nernstweg 34 | Seminarraum | 1. Stock
Teilnahmebeitrag 2,- €
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